Einführung
Hinweis: Die aktuelle Entwicklung zum Bundeswaldgesetz und MTB findet ihr auf unserer Projektseite Novellierung Bundeswaldgesetz
Baden-Württemberg hat 1995 den §14 Waldgesetz des Bundes, welcher das Befahren von Wegen mit dem Fahrrad grundsätzlich erlaubt, durch die Zwei-Meter-Regel im §37.3 Landeswaldgesetz BW verschärft. Damit wird das Fahrradfahren im Wald auf Wegen unter zwei Meter Breite verboten.
Die DIMB hatte 2014, gemeinsam mit dem ADFC und den Radsportverbänden, eine Petition zur Streichung der 2-Meter-Regel mit 58210 Unterschriften beim Landtag eingereicht. Der Petition wurde nicht stattgegeben, mit der Begründung die Regelung wurde “im Hinblick auf die Beschränkung des Rechtes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, in Form der Freizeitbeschäftigung gegenüber dem Recht auf Leben und persönliche Unversehrtheit abgewogen und für angemessen beurteilt“. Aus Sicht des Landtages sei es möglich, eine ausreichende Anzahl von Wegen unter 2-Meter-Breite auszuweisen, so die damalige Begründung. Diese versprochene Ausweisung funktioniert in der Praxis jedoch nicht und kann als gescheitert angesehen werden.
Seit 2014 sind verschiedene Empfehlungen und neue Studien erarbeitet worden, die eine gemeinsame Nutzung auch schmaler Wege empfehlen. Auch wird in der Radstrategie Baden-Württemberg eine Überprüfung des Landeswaldgesetzes angeregt.
2023 wurde ein Anlauf der Landesregierung unternommen das Landeswaldgesetz zu ändern. Zunächst muss aber die Novellierung des übergeordneten Bundeswaldgesetzes abgewartet werden. Hier unsere Projektseite zur Novellierung des Bundeswaldgesetzes 2023.
Historie
Koalitionsvertrag 2021
Koalitionsvertrag “Jetzt für Morgen”
Seite 118:
“Wir werden Kommunen und Destinationen bei Besucherlenkungsmaßnahmen unterstützen. Wir werden sensible Bereiche im Wald bewahren und zugleich Menschen ermöglichen, auch mit dem Rad den Wald zu erleben. Mountainbikerinnen und Mountainbiker sollen die Möglichkeit haben, auf dafür ausgewiesenen Wegen ihren Sport auszuüben. An einem Runden Tisch erarbeiten wir Lösungen für Nutzungskonflikte.”
Seite 125-126:
“Wir werden die RadSTRATEGIE fortschreiben und konsequent umsetzen. (…) Für die wachsende Gruppe der Mountainbikerinnen und Mountainbiker werden wir Lösungen finden, die den Interessen aller Nutzergruppen in der Natur gerecht werden. Dabei setzen wir auf gegenseitige Rücksichtnahme statt Verbote.”
Konzept zur Überarbeitung des Landeswaldgesetzes
Die Förderung des Radfahrens darf nicht am Waldrand enden. Verbände, Vereine, Sport, Tourismus, Industrie, Fachzeitschriften und Radfahrer schlagen zur Umsetzung des Koalitionsvertrags 2021-2026 ein “Konzept zur Überarbeitung des Landeswaldgesetzes” und des Betretungsrechtes für Waldbesucher vor. Zentraler Baustein dafür ist die Novellierung der 2-Meter-Regel in Baden-Württemberg auf Basis der Empfehlungen der Bundesplattform Wald – Sport, Erholung, Gesundheit (WaSEG).
Radstrategie Baden-Württemberg
In der Radstrategie Baden-Württemberg, unter Punkt 8.3, ist vereinbart, dass die Ministerien für Verkehr, ländlichen Raum, Umwelt und Justiz bis 2020 das Landeswaldgesetz in Bezug auf seine Fahrradfreundlichkeit überprüfen müssen. Die Umsetzung der Radstrategie ist Bestandteil im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU.
Schwarzwaldverein
Der Schwarzwaldverein greift das Thema Mountainbike in seiner Mitgliederzeitschrift 3/20 auf. Die Autoren kritisieren die 2-Meter-Regel.
Beirat Bundesumweltministerium
Der Beirat des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit – BMU empfiehlt in seinem aktuellen Positionspapier “Nachhaltiger Sport 2030” die Umsetzung der WaSEG Empfehlungen zur Vereinheitlichung des Betretungsrechtes.
WaSEG Empfehlung zum Natursport im Wald
Die Bundesplattform Wald – Sport, Erholung, Gesundheit (WaSEG), die sich aus den deutschen Spitzenverbänden aus Forst, Waldbesitz, Jagd, Wandern und Sport zusammensetzt, hat sich auf ein Eckpunktepapier geeinigt. Das Radfahren in Wald und Flur soll gleichbehandelt werden. Radfahren ist auf allen geeigneten Wegen erlaubt. Grundsätzlich geeignet sind Wege in festem Zustand. Diesem Empfehlungschreiben haben auch die Bundesländer, Städte und Gemeinden zugestimmt.
Tourismuskonzeption Baden-Württemberg
Aus der neuen Tourismuskonzeption Baden-Württemberg: “Die Produktmarke Radfahren konzentriert sich auf Landesebene explizit auf die Bereiche Radfernwege sowie Mountainbike und E-Bike”. Die “… Überprüfung von bestehenden rechtlichen Regelungen, um eine Erleichterung bei der Schaffung der MTB-Infrastruktur zu ermöglichen” wird dabei als Maßnahme vorgeschlagen.
Resolution dt. Wanderverband zum gemeinsam genutzen Raum
Der dt. Wanderverband veröffentlicht eine neue Resolution zur Nutzung des gemeinsamen Raumes. Darin werden pauschale Verbote als nicht zielführend bezeichnet.
Studie zur Walderholung in Baden-Württemberg
Die wiederholte Studie Walderholung mit/ohne Bike II der FVA Freiburg zeigt wenig Konflikte.
Studie Natursport.Umwelt.Bewusst
Die Studie zum Naturerleben des dt. Wanderverbandes zeigt auch wenig Konflikte zwischen den Natursportarten.
Forstreform Baden-Württemberg
Der Tourismus, der Landessportbund, der ADFC und die DIMB kritisieren die 2-Meter-Regel in ihren Stellungnahmen. Im Onlinebeteiligungsverfahren gehen über 300 Stellungnahmen gegen die 2-Meter-Regel ein. Das MLR verteidigt die 2-Meter-Regel als bewährt.
Waldgesetzänderung Thüringen
Thüringen setzt die Empfehlung des WaSEG Eckpunktepapier um und erlaubt wieder das Radfahren auf festen Wegen.
Forum Wald und Erholung BW
Die bislang letzte Sitzung fand am 27.9.2018 statt. Vorgestellt wurde ein gescheitertes MTB Projekt im Elztal. Der Tourismus kritisiert die Neuauflage des MTB Handbuches BW weil die Vorgehensweise nicht zielführend ist.
Streckenausweisung gescheitert
Kleine Anfrage der FDP vom 17.10.2017 zum Stand der umgesetzten Projekte. Nur wenige Kilometer wurden bislang umgesetzt. Der Trailanteil, der tatsächlich unter die 2-Meter-Regel fällt, ist in der Realität gering.
Pressemitteilung der Radverbände 28.11.2017: Ausweisung von Mountainbikestrecken gescheitert.
Forum Wald und Erholung BW
Die Verbände haben sich unter Minister Bonde auf ein gemeinsames Leitbild verständigt: “[Das Forum] strebt an, die Selbstverantwortung der Einzelnen zu fördern und bei Bedarf Vorschläge zur Weiterentwicklung von Regelungen zu erarbeiten.”
Haftungsfrage aufgearbeitet
Der Leitfaden zur Verkehrssicherungspflicht von Forst BW bestätigt, dass das Radfahren im Wald auf eigene Gefahr geschieht. Die Seite Wald.Sport.Bewegt des dt. Forstwirtschaftsrat veröffentlicht mehrere Leitfäden und Urteile, welche die Eigenverantwortung der Naturnutzer bestätigen.
Bericht des MLR 2015
Im Bericht des MLR 2015 wurde noch von einer zügigen Ausweisung von Wegen unter 2-Meter-Breite ausgegangen. Diese Annahme hat sich als falsch herausgestellt.
Petition der Radverbände mit 58.210 Unterschriften gegen die 2-Meter-Regel
Diese Petition wird von dem gemeinschaftlichen Willen der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB), des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs BW (ADFC), des Badischen Radsportverbandes (BRV) und des Württembergischen Radsportverbandes (WRSV) sowie vielen Unterstützern getragen.
- Beschlussempfehlung des Petitionsauschusses zur Ablehnung der Petition Drucksache 15/2806
- Pressemitteilung des Petitionsausschusses vom 16. Juli 2014
- Protokoll der Anhörung vor dem Petitionsauschuss am 4. Juni 2014
- Anhörung Stellungnahme 4.6.14 Langfassung
- Paradies oder Sperrgebiet? Stellungnahme der DIMB zum 10% Kompromiss 10.01.2014
- Stellungnahme des Ministeriums 02.10.2013
- Kommentare aus der Oppositionszeit der Regierung “O-Töne zur 2-Meter-Regel in Baden-Württemberg”
- Offener Brief “Radeln im Walde” an Ministerpräsident Winfried Kretschmann
- DIMB Streitschrift “Wegbreitenregelung im Lichte des Grundgesetzes”
- DIMB Kommentar zur Stellungnahme des Ministeriums “Waldwegenutzung im Spannungsverhältnis“
- Gemeinsame Resolution der DIMB, des ADFC und der Radsportverbände vom 02.09.2013
- Stellungnahme des Ministeriums 24.07.2013
- Stellungnahme des Ministeriums 21.11.2012
FAQ zur 2-Meter-Regel
Warum wurde das Verbot erlassen?
Man ist damals davon ausgegangen, dass Radfahrer
- die schmalen Pfade und Wanderwege stark beschädigen,
- das Wild übermäßig stark verschrecken und
- Wanderer gefährden.
Vor allem wurde befürchtet, dass es über die Gefährdung hinaus zu hohen Unfallzahlen bei der gemeinsamen Nutzung von Pfaden und Wanderwegen durch Radfahrer und Fußgänger kommen kann.
Das klingt doch nach guten Gründen für ein Verbot?
Nein, denn keine dieser Annahmen hat sich bewahrheitet. Untersuchungen verschiedener Universitäten haben ergeben,
- dass Radfahrer die Wege nicht beschädigen und wenn, dann nicht stärker, als das auch Wanderer tun;
- dass der Einfluss auf das Wildverhalten ebenfalls insgesamt nicht stärker ist als der von Wanderern;
- es auch für die befürchtete Unfallgefahr keine Belege gibt.
Aber könnte nicht das Verbot der Grund sein, dass es keine Unfälle gab?
Theoretisch ja. In der Praxis ist das Gesetz aber einer hohen Zahl von Radfahrern unbekannt. Auch von behördlicher Seite gab es nie den Versuch, dem Gesetz durch Kontrollen im Wald Geltung zu verschaffen.
Aus Ländern wie Thüringen, in denen die Zwei-Meter-Regel wieder abgeschafft wurde, sind ebenfalls keine erhöhten Unfallzahlen auf schmalen Pfaden und Wanderwegen bekannt..
Wenn das Gesetz nicht angewendet wird, warum soll es dann abgeschafft werden?
Aus unserer Sicht der wichtigste Grund für eine Aufhebung der 2-Meter-Regel ist der Verstoß gegen das Grundgesetz: die Diskriminierung von Radfahrern widerspricht dem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Des Weiteren fehlt auch die Übereinstimmung mit dem Bundeswaldgesetz, das für Sperrungen einen wichtigen Grund vorsieht. Einen belegbaren wichtigen Grund für die 2-Meter-Regel gibt es nicht. So ist auch der in der Petitionablehnung angeführte Grund, “Recht auf Leben und persönliche Unversehrtheit” nicht mit tatsächlichen Unfallzahlen oder Studien belegt, wie der Minister im Interview einräumt. Dies wird auch durch die obigen Ausführungen deutlich.
Radfahrende werden durch das Gesetz auch in die Illegalität getrieben. So fehlen verbindliche Regelungen, wie die 2 Meter überhaupt ermittelt werden sollen; denn es mangelt schlicht an geeigneten und festen Bezugspunkten wie beispielsweise Bordsteinen. Zudem schwanken Wegbreiten im Wald durch natürliche Gegebenheiten. Wann ist der Radfahrende also auf einem „verbotenen“ Weg unterwegs? Dies ist oft nicht eindeutig.
Übungsleiter in Sportvereinen und an Schulen machen sich grundsätzlich einer Ordnungswidrigkeit schuldig, wenn sie im Rahmen einer Mountainbike-Gruppe oder -AG die entsprechenden Wege im Wald befahren wollen.
Die Einzelausweisung von MTB Strecken ist hingegen gescheitert. In der Radstrategie BW und in der Tourismuskonzeption BW wird deshalb eine Überprüfung des Landeswaldgesetzes gefordert. Auf Bundesebene haben sich die Spitzenverbände in einem Eckpunktepapier bereits darauf verständigt, das Radfahren auf allen festen Wegen zu erlauben.
Auch wenn das eher mit Unrecht zu tun hat, sehen sich immer wieder Waldbesucher dazu ermächtigt, dem „gesetzeswidrigen“ Handeln der Radfahrenden durch eigene Aktionen Einhalt zu gebieten. Nicht selten „findet“ man auf Wegen deponierte Äste und andere bewusst geschaffene Hindernisse.
Vor allem aber wird durch die 2-Meter-Regel die aus unserer Sicht schönste Verbindung von Ausdauersport und Naturerlebnis in die Illegalität getrieben.
Was für rechtliche Konsequenzen hat die 2-Meter-Regel?
- Sie kann zu haftungs- und versicherungsrechtliche Konsequenzen führen.
Übungsleiter in Sportvereinen und an Schulen machen sich grundsätzlich einer Ordnungswidrigkeit schuldig , wenn sie im Rahmen einer Mountainbike-Gruppe oder -AG die entsprechenden Wege im Wald befahren wollen. - Fahrradreise-Anbieter, die in anderen Bundesländern problemlos „Single-Trail-Touren“ anbieten können, können das in BW nicht. Denn hier darf nur auf „Forstautobahnen“ gefahren werden.
- Für die Schuldfrage bei einem Unfall mit Fussgängern ist die 2 Meter Regel überflüssig, da der Radfahrer regelmässig als der stärkere Verkehrsteilnehmer gesehen wird.
- Hingegen hat die Abschaffung der „2-Meter-Regel” keine haftungsrechtlichen Folgen für die Besitzer der dann „entsperrten“ Wege. Es gilt vielmehr wie überall auf Waldwegen wie schon vor 1995: „Benutzung auf eigene Gefahr, vor allem ist auf waldtypische Gefahren zu achten“.
- In Grenzgebieten zu anderen Bundesländern herrscht völlige Rechtsunsicherheit
Was wird sich im Wald nach der Abschaffung der 2-Meter-Regel ändern?
Die meisten Mountainbiker befahren schon heute schmale Waldwege. Mit einer Zunahme des Verkehrs auf Trails ist deshalb nicht zu rechnen. Da sich Wanderer und Biker dann auf “Augenhöhe” begegnen, gibt es ein besseres Miteinander im Wald. Die DIMB als MTB Verband setzt sich mit Ihren “Trail Rules” für gegenseitige Rücksichtnahme ein.
Für Waldbesitzer wird es keine Verschlechterung der Haftung geben, denn das Radfahren im Wald geschieht auf eigenen Gefahr.