Hessen

Das vom Hessischen Landtag hat am 27. Juni 2013 in Dritter Lesung verabschiedete Waldgesetz wurde am 08. Juli 2013 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen veröffentlicht und ist am 09. Juli 2013 in Kraft getreten. Ergänzt wird das neue Waldgesetz durch die Vereinbarung Wald und Sport in Hessen, die das Ergebnis mehrere Runder Tische in Hessen darstellt.

Das Waldgesetz setzt auf ein Miteinander aller Waldnutzer und Waldbesucher auf der Basis gegenseitiger Akzeptanz und Rücksichtnahme. Mit seinem bürgerfreundlichen und modernen Waldgesetz, dem Runden Tisch sowie mit der Vereinbarung Wald und Sport nimmt Hessen eine Vorreiter- und Vorbildfunktion für ganz Deutschland ein. Wir sind stolz, dass wir dazu den Anstoß gegeben und daran mitgewirkt haben.

Wald-/Forstrecht

Hessisches Waldgesetz (HWaldG) idF d. Bkm. v. 08. Juli 2013, (GVBl. Teil I, 2013, Nr. 16, S. 458 – 472)

§ 15 Betreten des Waldes, Reiten und Fahren

(1) Jeder darf Wald zum Zwecke der Erholung nach den Maßgaben von § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Bundeswaldgesetzes und der nachfolgenden Abs. 2 bis 4 betreten.

(2) Waldbesucherinnen und Waldbesucher haben aufeinander Rücksicht zu nehmen, damit eine gegenseitige Belästigung oder Behinderung vermieden wird. Durch die Benutzung darf die Lebensgemeinschaft des Waldes nicht gestört, die Bewirtschaftung des Waldes nicht behindert, der Wald nicht gefährdet, geschädigt oder verunreinigt und die Erholung anderer nicht beeinträchtigt werden.

(3) Radfahren, Reiten und Fahren mit Krankenfahrstühlen ist im Wald auf befestigten oder naturfesten Wegen gestattet, die von Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern oder mit deren Zustimmung angelegt wurden und auf denen unter gegenseitiger Rücksichtnahme gefahrloser Begegnungsverkehr möglich ist. Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Menschen, die auf einen Krankenfahrstuhl angewiesen sind, gebührt in der Regel der Vorrang.

(4) Fahren mit Kutschen ist im Wald auf Waldwegen gestattet, die eine Nutzbreite von mindestens 2 Metern aufweisen.

(5) Jedes Betreten und jede Benutzung des Waldes, die über das nach Abs. 1 bis 4 zulässige Maß hinausgeht, bedarf der Zustimmung der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers. Einer Zustimmung bedürfen insbesondere

1. das Befahren von Waldwegen mit motorgetriebenen Fahrzeugen, für die ein Versicherungs- oder ein amtliches Kennzeichen erforderlich ist,

2. das Reiten und das Radfahren auf Waldwegen, die nicht nach Abs. 3, § 16 Abs. 4 oder § 17 dafür freigegeben sind,

3. das Zelten und Abstellen von Wohnwagen und anderen fahrbaren Unterkünften,

4. das Starten und Landen von motorgetriebenen Modellflugzeugen,

5. Veranstaltungen, wenn sie zu einer deutlichen Beunruhigung der im Wald lebenden Tiere, zu einer Verunreinigung von Waldgrundstücken oder zu einer Beschädigung von Pflanzen führen,

6. die Durchführung von kommerziellen Veranstaltungen mit erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung sowie

7. das Rauchen im Wald.

Die Zustimmung zu einer Nutzung nach Satz 1 zieht keine weitergehenden Verkehrssicherungspflichten der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers über das nach § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Bundeswaldgesetzes geschuldete Maß nach sich.

(6) Das Anlegen von Wegen durch Waldbesucherinnen und Waldbesucher ohne Zustimmung der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers ist unzulässig.

(7) Vorschriften des öffentlichen Rechts, die das Betreten des Waldes in weiterem Umfange gestatten oder die das Betreten des Waldes einschränken, bleiben unberührt.

(8) Den Bediensteten der Forstbehörden oder den von diesen beauftragten Personen ist das Begehen von Waldflächen oder das Befahren von Waldwegen und Straßen im Wald zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem Bundeswaldgesetz, diesem Gesetz und aufgrund von diesem ergangener Verordnungen zu gestatten. Die nach Satz 1 berechtigten Personen sollen ihr Kommen rechtzeitig in geeigneter Weise ankündigen und haben sich auf Verlangen auszuweisen.

§ 16 Vom Betreten ausgenommene Flächen, Sperrung von Flächen und Wegen, Entmischung

(1) Vom Betreten des Waldes ausgenommen sind

1. Verjüngungsflächen,

2. Waldflächen und Waldwege, auf denen Holzerntearbeiten und andere gefahrgeneigte Waldarbeiten durchgeführt werden,

3. forst- und jagdbetriebliche Einrichtungen.

Radfahren, Reiten und Fahren mit Kutschen ist auf Rückegassen untersagt.

(2) Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer dürfen nicht öffentliche Straßen, Waldwege und Grundstücke sperren, wenn

1. und soweit Holzerntearbeiten sowie eintägige Gesellschaftsjagden dies erfordern,

2. eine erhöhte Waldbrandgefahr oder aus sonstigen Gründen eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Waldbesucherinnen oder Waldbesucher besteht,

3. die zulässige Nutzung des Grundstücks sonst erheblich behindert oder eingeschränkt würde, insbesondere wenn die Beschädigung von Forstkulturen, Sonderkulturen oder sonstigen Nutzpflanzen zu erwarten ist oder wenn das Grundstück regelmäßig von einer Vielzahl von Personen betreten und dadurch in seinem Ertrag erheblich gemindert oder in unzumutbarer Weise beschädigt oder verunreinigt wird,

4. dies zum Schutz von Waldbesucherinnen und Waldbesuchern vor Gefahren, die von einer bestimmten Benutzung ausgehen, erforderlich ist und das Betretungsrecht der Allgemeinheit unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse dadurch nicht wesentlich beschränkt wird,

5. wissenschaftliche Versuche dies erfordern,

6. dies aus Gründen des Naturschutzes, zur Durchführung von landschaftspflegerischen Vorhaben, zur Vorbereitung und Durchführung sportlicher Wettkämpfe oder aus anderen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erforderlich ist.

Die Sperrung soll ihrem Zweck entsprechend befristet erfolgen und ist, außer im Falle des Satzes 1 Nr. 1, der Forstbehörde in der Regel drei Tage vor Beginn anzuzeigen. Bei Gefahr im Verzug ist die Sperrung spätestens binnen drei Tagen nach der Sperrung anzuzeigen. Die Forstbehörde kann die Sperrung untersagen, wenn sie im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse das Betretungsrecht unverhältnismäßig einschränken würde.

(3) Die Forstbehörde kann nicht öffentliche Straßen, Waldwege und Grundstücke für das Betreten und jede Benutzungsart sperren, wenn

1. eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Waldbesucherinnen oder Waldbesuchern besteht,

2. durch die erhöhte Inanspruchnahme aufgrund dieser Nutzungen oder aus sonstigen Gründen

a) Beeinträchtigungen der Erholung von Waldbesucherinnen und Waldbesuchern oder

b) Schäden an Waldwegen oder Waldflächen

zu befürchten sind. Die Entscheidung hat im Benehmen mit der Waldbesitzerin oder dem Waldbesitzer sowie der betroffenen Gemeinde zu ergehen.

(4) Die Forstbehörde kann nicht öffentliche Straßen, Waldwege und Grundstücke für einzelne Benutzungsarten sperren oder einzelne Benutzungsarten nur beschränkt zulassen, wenn dies

1. zum Schutz der Waldbesucherinnen und Waldbesucher aufgrund der örtlichen Verhältnisse,

2. zum Ausgleich der Interessen der Erholungsuchenden,

3. zur Wahrung schützenswerter Interessen der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers oder

4. zur Entmischung des Reit-, Fahr- und Fußgängerverkehrs

erforderlich ist. Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 17 Kennzeichnungen von Rad-, Reit- und Wanderwegen

Waldbesitzerinnen oder Waldbesitzer haben Kennzeichnungen von Rad-, Reit und Wanderwegen sowie von Wegetafeln zu dulden, die von Vereinigungen oder Körperschaften, die sich in besonderem Maße der Erholungsfunktion des Waldes widmen, mit Zustimmung der unteren Forstbehörde unter Beteiligung der betroffenen Gemeinden und Naturparke angebracht werden. Eine einheitliche Beschilderung ist anzustreben. Auf die Grundstücksnutzung ist Rücksicht zu nehmen. Mit den Waldbesitzerinnen oder Waldbesitzern ist die Anbringung abzustimmen. Das Betreten und Befahren gekennzeichneter Wege erfolgt nach den Maßgaben des § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Bundeswaldgesetzes auf eigene Gefahr.

§ 29 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

9. entgegen § 15 Abs. 5 ohne Zustimmung den Wald über das nach § 15 Abs. 1 bis 4 zulässige Maß hinaus betritt oder benutzt,

10. entgegen § 15 Abs. 6 Wege ohne Zustimmung anlegt,

11. entgegen § 16 Abs. 1 Satz 2 auf Rückegassen mit dem Fahrrad oder mit Kutschen fährt oder reitet,

12. entgegen einer Sperrung nach § 16 Abs. 2 oder Abs. 3 Waldflächen, Waldwege oder nicht öffentliche Straßen benutzt,

13. entgegen einer Nutzungseinschränkung oder einer Sperrung auf einem nicht öffentlichen Weg oder einer solchen Straße durch die Forstbehörde nach § 16 Abs. 4 Satz 1 zu Fuß geht, reitet, mit der Kutsche oder mit dem Fahrrad fährt.

(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer

5. entgegen § 17 das Anbringen von Kennzeichnungen von Wander-, Rad- oder Reitwegen oder von Wegetafeln nicht duldet oder Kennzeichnungen entfernt.

(4) Die Ordnungswidrigkeiten können in den Fällen der Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro, in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1, 3, 4, 5, 6, 8, 10 und Abs. 2 Nr. 1 und 3 mit einer Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu eintausend Euro geahndet werden.

(5) Zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2353), ist in den Fällen des Abs. 1 Nr. 4, 5, 6 und 11 die untere Forstbehörde, im Übrigen das Regierungspräsidium Darmstadt als obere Forstbehörde.

Naturschutz-/Landschaftspflegerecht

Hessisches Gesetz zum Schutz der Natur und zur Pflege der Landschaft (Hessisches Naturschutzgesetz – HeNatG)) Vom 25. Mai 2023

§ 19
Verhalten in Natur und Landschaft, Naturerlebnisräume

(1) Alle Menschen haben das Recht auf Naturerlebnis und auf Erholung in der freien Landschaft. Das Recht auf Naturerlebnis und das Recht auf Erholung in der freien Landschaft finden ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, den Interessen der Allgemeinheit und in den Rechten Dritter. Bei der Ausübung dieser Rechte sind alle verpflichtet, pfleglich mit Natur und Landschaft umzugehen und Rücksicht insbesondere auf die wild lebenden Tiere und Pflanzen, die Belange der Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten sowie anderer Erholungssuchender zu nehmen.

(5) Gemeinden können durch Satzung die in Abs. 1 genannten Rechte konkretisieren und beschränken, soweit hierfür ein öffentliches Interesse besteht oder schutzwürdige Interessen der Grundeigentümer oder Pächter gewahrt werden müssen. § 59 des Bundesnaturschutzgesetzes bleibt unberührt. Es können insbesondere Bestimmungen getroffen werden über

1. das Betreten von Flächen,
2. das Befahren von Flächen und Wegen mit Fahrzeugen mit und ohne Motorkraft,
3. das Anleinen von Hunden,
4. die Benutzung von Sportgeräten und
5. den Schutz landwirtschaftlicher genutzter Flächen vor Beeinträchtigung.

Kurzkommentierung zum Betretungsrecht

Verhaltenspflichten

In Hessen wird auf vorbildliche Art und Weise ein verantwortungs- und rücksichtsvolles Verhalten als Grundlage des Betretungsrechts formuliert:

„(2) Waldbesucherinnen und Waldbesucher haben aufeinander Rücksicht zu nehmen, damit eine gegenseitige Belästigung oder Behinderung vermieden wird. Durch die Benutzung darf die Lebensgemeinschaft des Waldes nicht gestört, die Bewirtschaftung des Waldes nicht behindert, der Wald nicht gefährdet, geschädigt oder verunreinigt und die Erholung anderer nicht beeinträchtigt werden.

(3) Radfahren, Reiten und Fahren mit Krankenfahrstühlen ist im Wald auf befestigten oder naturfesten Wegen gestattet, die von Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern oder mit deren Zustimmung angelegt wurden und auf denen unter gegenseitiger Rücksichtnahme gefahrloser Begegnungsverkehr möglich ist. Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Menschen, die auf einen Krankenfahrstuhl angewiesen sind, gebührt in der Regel der Vorrang.“ (§ 15 Abs. 2 und 3 LWaldG)

Damit setzt Hessen auf die Eigenverantwortung aller Waldbesucher, auf ein Miteinander und auf gegenseitige Rücksichtnahme. Für Radfahrer wird dabei in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung deutscher Gerichte eine besondere Rücksichtnahmepflicht formuliert, wie sie z. B. auch vom LG Lübeck vertreten wird. Mountainbiker können und sollten sich in der Praxis dabei an den DIMB Trail Rules orientieren.

Rechtsprechung

Leider noch offen 🙁

Weiterführende Hinweise

Zum Naturschutzgesetz: Mit dem HAGBNatSchG wurde das Hessische Naturschutzgesetz vom 06. Dezember 2006 aufgehoben. Im Gegensatz zum Reiten und Kutschfahren findet das Radfahren im HAGBNatSchG keine Erwähnung.

Zum Waldgesetz: Das Waldgesetz wird ergänzt durch die Vereinbarung Wald und Sport, die von den Teilnehmern des Runden Tisches Wald und Sport erarbeitet wurde. Die DIMB ist Mitglied des Runden Tisches Wald und Sport. Die DIMB Trail Rules werden von allen Beteiligten der Vereinbarung Wald und Sport als sportartspezifische Verhaltensregelungen für Mountainbiker anerkannt.

Das aktuelle Landesrecht kann unter Hessenrecht Rechts- und Verwaltungsvorschriften kostenlos abgerufen werden.