15,6 Millionen Menschen fahren in Deutschland Mountainbike. Trotz dieser Vielzahl wird dem Mountainbike nach wie vor oft ein schlechter Ruf angehängt. Die zerstören den Boden! Denen ist die Natur egal! Die brettern doch nur bergab! Die erschrecken Wildtiere! Die fahren immer querfeldein! Als Eigentümer hafte ich, wenn sie auf meinem Weg stürzen! Doch: stimmt das alles überhaupt?
Betrachtet man gesetzliche Grundlagen, richterliche Urteile und wissenschaftliche Untersuchungen, dann wird man viele der althergebrachten Vorurteile, die einem begegnen, schnell widerlegen. So ist Mountainbiking ein wegegebundener Natursport, der dem Bundeswaldgesetz nach auf allen Wegen erlaubt ist. Das Fahren abseits von Wegen ist dabei nicht nur tabu, sondern tatsächlich ziemlich sinnlos, da ein Rad nur über einen festen Untergrund wie einen Weg gut rollt. Verursacht das dann Bodenerosion? Ja und nein. Grundsätzlich beeinflusst jede Nutzung eines Weges dessen Oberfläche. Mit jedem Tritt, Pferdehuf oder Reifen wirkt das Gewicht über die Fläche, die mit dem Boden in Berührung kommt. Es gibt vielfach Studien, die zeigen, dass ein abrollender Reifen in vielen Situationen weniger oder nicht mehr Schäden am Boden verursacht als ein Tritt des Wanderschuhs. Mit einer guten Fahrtechnik lassen sich Beeinträchtigungen von Wegen auch in schwierigerem Gelände vermeiden. Wichtig ist also, dass der Biker nur dort fährt, wo er das Bike auch beherrscht. Mountainbiker können auch aktiv helfen, die Wege zu erhalten: Indem sie zum Beispiel bei nassen Verhältnissen sensible Wege nicht befahren. Oder, wie es immer öfter geschieht, bei der Instandhaltung der Wege helfen.
Und Mountainbiker*innen ist die Natur alles andere als egal: schließlich ist sie für 80% aller Mountainbiker*innen der Hauptgrund dafür, diese Natursportart auszuüben. Dabei ist auch der Einfluss auf die Tierwelt ebenso gering wie bei allen anderen Natursportarten. Hier haben Untersuchungen gezeigt, dass Wildtiere auf Mountainbiker ähnlich reagieren wie beispielsweise auf Wanderer. Bei Wegen haben Wildtiere gelernt, dass von den Erholungssuchenden keine Gefahr ausgeht.
Und auch Haftungsfragen, die oft als Grund dafür herhalten müssen, dass man Wege für Natursportarten schließt, spielen keine Rolle. Wer den Wald besucht macht dies auf eigene Gefahr, wie der BGH mit Urteil vom 2.10.2012 (Az. VI ZR 311/11) bestätigt hat (hier gibt es eine Übersicht der Rechtsprechung). Und für einen selbstverschuldeten Fahrfehler haftet sowieso nie ein Dritter.
Es sind diese – widerlegbaren – Vorurteile, die sich hartnäckig halten, die das Mountainbiking als anerkannten Natursport in Deutschland beeinträchtigen. So gibt es einzelne Bundesländer, wie beispielsweise Baden-Württemberg, die mit ihrem Landeswaldgesetz ein legales Befahren vieler Waldwege und -pfade unmöglich machen. Und in Bayern sorgen neue Vollzugshinweise, die Mountainbiker*innen hinsichtlich der Definition des „geeigneten Weges“ diskriminieren, für viel Unmut. Auch werden medial eher die Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen von Erholungssuchenden – zumeist Wanderer und Mountainbiker – gezeigt. Dass aber selbst Umfragen von Wanderverbänden, die unter Wanderern durchgeführt wurden, dies nicht bestätigten, wird gerne verschwiegen. Denn diese zeigten, dass es lediglich bis zu 7% aller Befragten sind, die diese Konflikte oft erleben.
Für ein noch besseres gegenseitiges Verständnis haben daher Verbände wie die DIMB Kampagnen erarbeitet, die auf gegenseitigen Respekt und einfache Regeln setzen, die für alle Naturnutzer gleichermaßen selbstverständlich sein sollten.
Wie das Mountainbiking gefördert werden kann, sieht man beispielsweise in den Nachbarländern Schweiz oder auch Dänemark. Dort ist es politischer Wille, diesen Natursport zu fördern, weil man die positiven Effekte auf die Gesundheit sieht und sich auch eine Veränderung des allgemeinen Mobilitätsverhaltens erhofft. Schließlich ist jemand, der in der Freizeit Rad fährt, eher geneigt, dies auch im Alltag zu tun; und umgekehrt. So möchte man z.B. in Dänemark Trailcenter anlegen, die jeder Däne binnen 1 Stunde erreichen kann. Mit dem Rad wohlgemerkt. Und in Graubünden wird vom Tourismus ganz offensiv damit geworben, dass alle Wege gemeinsam genutzt werden können.
So eine nationale Mountainbike Strategie benötigt es auch in Deutschland. Mit der Empfehlung der Arbeitsgruppe WaSEG des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, dass grundsätzlich alle Wege in festem Zustand zum Radfahren geeignet sind, liegt bereits ein Konsens der Spitzenverbände von Waldbesitzern, Forst, Wanderern, Natursport, Tourismus, Gemeinden und Ländern vor. Diesen bundesweiten Konsens gilt es nun in den Landeswaldgesetzen umzusetzen und damit praxisnahe rechtliche Rahmenbedingungen für Mountainbiker zu schaffen. Zu wünschen wären noch einfachere Genehmigungsverfahren zum Bau von speziellen Mountainbike Strecken und -Anlagen, um den Sport zusätzlich zu fördern.
Veröffentlichung und Vervielfältigung kostenlos. Foto: Ingmar Hötschel | DIMB
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